Direkt zum Inhalt
gegen den zeitgeist
Veröffentlicht: 26.02.2025

Ich bin ja bekannt dafür, dass ich auf Skurrilitäten stehe. So liebe ich den christlichen Kitsch, den man in Maria Zell kaufen kann, das Sammeln von WWE-Plastikfiguren und von Parteidevotionalien der KPdSU. Der traurige Saal im Zentralen Lenin-Museum in Moskau war für mich früher immer der erste Ort, den ich, wenn ich in Moskau war, besucht habe. Selten hat mich etwas so erheitert, wie die verlogene, staatsbürokratische Trübsinnigkeit, die dort geherrscht hat. Natürlich habe ich auch der Wachsfigur im Lenin-Mausoleum mehrere Besuche abgestattet. 

Der Mensch ist nur ganz Mensch, wenn er rebelliert 

Schwülstige staatskulturelle Inszenierungen haben mich schon immer zu subversiven Aktionen provoziert. So habe ich einst mitten in der Moskauer Tretjakow-Galerie, in der es erdrückend würdig wie in einem Himmelreichsaal der Zeugen Jehovas zugegangen ist, meinen automatischen Regenschirm, in der Sowjetunion damals eine technische Sensation, aufgespannt. Das laute „Wupp“, mit dem sich der Schirm öffnete, hallte durch die hohen Räume und beglückte mich. Ich wurde postwendend aus der Galerie geworfen und nutzte die Zeit sofort dazu, mir an einem Stand mit Parteidevotionalien, der sich direkt neben dem Eingang des Kulturtempels befand, zwanzig Lenin-Abzeichen zu kaufen und sie mir allesamt anzustecken. Ich wollte aussehen wie ein Held des großen vaterländischen Krieges. Auch dieser kleine Spaß war im totalen Volksstaat nicht willkommen. Zwei düster blickende Männer drängten mich in eine Ecke und baten mich nachdrücklich, den Parteikitsch, für den ja die KPdSU und nicht ich verantwortlich war, von meiner Jacke zu entfernen. Aber auch in Österreich gibt es Skurriles zu entdecken. Zum Beispiel den Radiosender „Pirate Radio“. Alleine schon seine Eigentumsverhältnisse sind der aufmerksamen Rezeption wert. Am Sender sind zumindest indirekt Benkos Signa Holding, die Fressnapf Luxembourg GmbH und viele andere eigentümliche Stakeholder beteiligt. Das Programm des Senders ist aber außerordentlich gut und ich bin seit Wochen förmlich süchtig danach. Man kann dort am Morgen eine hervorragende Melange aus dem Pop-Segment der Alternative Music hören, die einem tatsächlich an bessere Zeiten denken lässt als die, in denen man nun zu leben gezwungen ist. 

Die Wiener ÖVP, eine weitere Skurrilität