In einer Gesellschaft der oberflächlichen Selbstinszenierung ist die Wahrheit immer unerwünscht, sie gilt als Störung. Der ungebetene Gast wird deshalb, immer wenn er auftaucht, entweder geschickt umzudeuten versucht oder er wird, wie beispielsweise in der Zeit des Stalinismus, unbarmherzig ausgelöscht. Josef Stalin hat die Kultur der Lüge in der Sowjetunion perfektioniert. Auf allen Bildern, auf denen man Bucharin, Trotzki oder Sinowjew hätte sehen können, alles frühere Mitstreiter, die er umbringen ließ, wurden diese wegretuschiert. Heute verschwinden gottlob keine Menschen mehr in Foltergefängnissen des NKWD, dafür aber wird fleißiger denn je die Wahrheit umgedeutet oder zu verbergen gesucht. Der Ökonom Werner Plumpe hat die Praxis der Wahrheitsverleugnung in der deutschen Innenpolitik gerade in einem hervorragenden Artikel in der FAZ offen gelegt. Parolen seien für die Regierenden in den letzten Jahren wichtiger gewesen als Tatsachen. Und selbst die Zahlen und Fakten haben die Deutungskämpfe erreicht. Sie wurden verdreht und sinnentstellend kontextualisiert. So lassen sich die Kosten und Erträge der Energiewende nicht mehr realistisch beurteilen, weil im aufgeputschten Meinungskampf ein unübersichtliches Datenchaos verursacht wurde, das nun mehr verbirgt, als es zeigt.
Von der österreichischen Budgetlüge zu den deutschen Sondervermögen