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gegen den zeitgeist
Veröffentlicht: 19.11.2025
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Das politische System des Landes ist ein Trümmerhaufen. Die drei Koalitionsparteien haben ihr letztes Aufgebot in die Regierung entsandt. Und bereits nach weniger als einem Jahr ist das Gemeinschaftsprojekt am Ende. Die Koalition präsentiert sich als irreparabler Totalschaden.

Ein Trauerspiel sondergleichen gab die Wirtschaftskammer, besser gesagt ihr Präsident Harald Mahrer, zum Besten. In aller Heimlichkeit versuchte der Multifunktionär, geschätztes Monatsgehalt rund 30.000 Euro, gemeinsam mit seinen Kumpanen hinter dem Rücken der Öffentlichkeit 4,2 % Gehaltserhöhung für die privilegierte Kammerbelegschaft durchzuwinken. Die Hoffnung darauf, dass der Coup still und leise über die Bühne geht, wurde enttäuscht. In Österreich lauert immer irgendwo ein Judas, der aus Bosheit und mit diebischer Freude an der reinen Destruktion Verrat begeht. Sofort überschlug sich der unmoralische Boulevard in moralischer Empörung. Mahrer versuchte zurückzurudern, doch sein irrwitziger Kompromissvorschlag, die Gehaltserhöhung für ein halbes Jahr auf 2,1 % zu halbieren und erst dann auf die volle Summe anzuheben, brachte das Fass zum Überlaufen. Seine Vizepräsidenten und die aus dem ÖAAB kommende Landeshauptfrau von Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, besiegelten kurz und schmerzlos sein Ende. Nachdem Mahrer gesehen hatte, dass er keine Unterstützer mehr hatte, ging er in sein Büro und nahm das schlechteste Rücktrittsvideo aller Zeiten auf. Dann ließ er es über die sozialen Medien ausspielen. Das vor Pathos triefende Possen-Stück, bei dem er beim finalen Österreichschwur – es ist ein gutes Land – demonstrativ seine Brille abnahm, um den Zuschauern seine ehrlichen Augen unverstellt zu zeigen, war der schlecht inszenierte Schlusspunkt einer glanzlosen politischen Karriere. Mahrers Abgang hinterlässt keine Lücke. Es gibt ausreichend glanzlose Apparatschiks, die einen Non-Charismatiker wie ihn ersetzen können.