Wer ein gutes Leben haben möchte, der muss sich auch selbst mögen können. Wer hingegen eine tiefe Abneigung gegen sich hegt, wem seine Eigenarten unangenehm und peinlich sind, und wer alles, was er tut oder getan hat, für Unrecht hält und sich dafür dauernd entschuldigen zu müssen glaubt, der wird niemals ein stabiles Selbstwertgefühl ausprägen können. Am Ende wird seine Unsicherheit und seine ängstliche Gehemmtheit dazu führen, dass er die Herausforderungen des Alltags nicht erfolgreich bewältigen kann. Seine Ziele wird er nicht erreichen, weil es ihm am Selbstbewusstsein fehlt. Im Wettkampf um die Macht wird der Schwache immer schnell identifiziert und erbarmungslos aus dem Feld geschlagen. Das gilt sowohl unter Menschen als auch unter Nationen, den wichtigsten Solidargemeinschaften unserer Zeit.
Blickt man heute auf die österreichische Politik und ihre Mainstreammedien, so gewinnt man den Eindruck, die ganze Nation würde ausschließlich deshalb existieren, um sich ständig kritisch zu hinterfragen und immerwährend auf der Suche nach der eigenen Schuld und ihrer Sühne zu sein. Oft scheint es sogar, als würde dieses Land Lust dabei empfinden, sich selbst anzuklagen, um Bestrafung zu betteln und diese dann am Ende mit Genugtuung und Freude hinnehmen. Ist diese Diagnose richtig, dann befinden wir uns inmitten des Syndroms des Masochismus, genauer, des Nationalmasochismus. Eine Nation hasst sich selbst, lässt sich erniedrigen, verteidigt sich nicht gegen Angriffe und Anwürfe von außen und nimmt alle Demütigungen im Glauben hin, dass ihr Recht geschähe. Und empfindet dabei auch noch Lust und Befriedigung. Das ist, man verzeihe mir den Ausdruck, pervers. Einem Menschen, der so tickt, würde man den Rat geben, sich professionelle Hilfe zu suchen. Betrifft diese Diagnose eine ganze Nation, müssen schleunigst politische Initiativen mit dem Ziel ergriffen werden, das Fortschreiten dieser bedrohlichen Krankheit zu stoppen.